Achtung! Die folgenden Zeilen haben einen homosexuellen, aber keinen sexuellen Hintergrund. Wer
homophob veranlagt ist, sollte sich genau überlegen, ob er weiterliest. Für alle anderen dürfte es weniger gefährlich sein...
Ich bin grad tierisch sauer!
Als Schwuler hat man das ab und zu mal, wenn man die himmelschreienden Ungerechtigkeiten in diesem unserem Lande zu spüren bekommt.
Da ich im Zuge meiner nunmehr einjährigen Krankheit schon öfter den Tipp bekommen habe, doch mal einen Antrag auf chronische Erkrankung zu stellen, versuchte ich das gestern und heute in die Tat umzusetzen. Chronisch erkrankt zu sein bedeutet letztendlich auf deutsch, dass man nur ein Prozent seines Jahresbruttos für medizinische Zuzahlungen (Praxisgebühr, Rezeptgebühren, Medikamente, Heilmittel, etc.) ausgeben muss und alles weitere von den Kassen ersetzt bekommt.
Zunächst hatte ich gar keine Ahnung, welche Voraussetzungen man dafür erfüllen muss. Das liegt auch ein bissel daran, dass die Krankenkassen gerne mit Zusatzversorgungen Werbung machen, aber ungerne darauf hinweisen, wie man WIRKLICH sparen kann. Aber natürlich bin ich selber Schuld, da ich auch nicht im Entferntesten auf den Gedanken gekommen wäre, einmal nachzufragen. ICH bin doch nicht chronisch krank...dachte ich. Und ich sollte Recht behalten, allerdings aus anderen Gründen.
Zurück zum Thema: ich fragte DREI Ärzte, welche Voraussetzungen ich erfüllen müsste und bekam drei verschiedene Antworten. Der erste wackelte wichtig mit dem bebrillten Kopf hin und her und meinte, das würde schwierig, weil es so komplex wäre. Ah ja...Der zweite definierte ganz klar, dass ich wegen EINER Krankheit ein Jahr lang in JEDEM Quartal mindestens einmal bei meinem Arzt gewesen sein müsste. Voraussetzungen erfüllt, dachte ich. Der dritte meinte, das würde wohl nichts werden, weil sich die Krankenkassen rausreden. Auch eine klare Definition, die sich erfüllen sollte.
Egal, ich versuchte es und holte mir gestern den Antrag bei der Krankenkasse (DAK). Die bestätigten zunächst die Definition mit einem Jahr, Quartal, usw., was mich zuversichtlich stimmte. Ich ließ den Antrag heute bei meinem Hausarzt ausfüllen und marschierte wieder zur DAK. Da ich von Natur aus vorsichtig bin, erzählte ich von meinem Vorhaben und fragte nach, ob es denn irgendwelche Dinge gebe, die man als chronisch Kranker in der Versicherung nicht mehr bekommen würde. Oh nein, versicherte man mir, chronisch Kranke würden selbstverständlich nicht benachteiligt. Ich merkte, dass ich deutlicher werden musste und fragte, ob mir denn dann auch die Zusatzversicherungen (Zahnersatz, alternative Heilmittel, Krankenhaustagegelderlass, etc.) noch in vollem Maße zur Verfügung stehen würden. Hm...wohl nicht, meinte mein Gegenüber. Er wisse zumindestens, dass bei einem Rückenleiden oder bei Arthrose das Krankenhaustagegeld nicht erlassen werden könnte (klar, da erhofft man sich ja auch die größten Gewinne!). Aber da es sich bei der Zusatzversicherung um eine andere Firma (Hanse-Merkur) handeln würde, müsste ich da einen Schreibtisch weiter einen neuen Termin machen. Toller Service...Werbung machen und nix wissen *lach*
So, wer es geschafft hat, bis hierher zu lesen, wird sich fragen, was das ganze denn mit Homosexualität zu tun hat. Dieser Aspekt kommt JETZT ins Spiel. Um es noch einmal grundsätzlich zu sagen: ich bin schwul und verpartnert, was ich meinem Gegenüber auf dessen Nachfrage auch erzählte und zu hören bekam, dass in diesem Falle nicht nur MEIN Bruttogehalt, sondern selbstverständlich auch das meines Partners veranschlagt würde. Ich bin selten sprachlos, aber DA war ich es für einen kurzen Moment! Und das war auch gut so, denn somit konnte ich meine Gedanken erst mal kurz wieder sortieren. Letztenendes ist es die logische Konsequenz der Ungerechtigkeiten, die sich in den deutschen Gesetzen über die Homosexuellen ergießen. Lesbische und schwule Lebenspartner sind zwar in ihren PFLICHTEN den Ehepartnern gleichgestellt, keineswegs aber in ihren RECHTEN! Das bedeutet, dass wir selbstverständlich im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit, etc. füreinander einstehen, dass wir aber nach wie vor um Rechte im Steuerrecht (Verpartnerte sind BEIDE in Steuerklasse I), Rentenrecht, Erbrecht, etc. vor den Gerichten um Gleichbehandlung kämpfen müssen!
Das alles erzählte ich dem Menschen von der DAK und musste feststellen, dass er von diesen Ungerichtigkeiten gar nichts wusste - eine Beobachtung, die ich in letzter Zeit schon öfters gemacht habe. Offensichtlich denken viele Deutsche, dass die Homos mit dem Recht auf Lebenspartnerschaft auch gleichzeitig alle anderen eheähnlichen Rechte erworben haben. Das ist leider falsch!
Und an Tagen wie heute wird es mir schmerzlich bewusst, dass ich in Deutschland nur ein Bürger 2. Klasse bin!
Ich gehe sogar soweit, zu behaupten, dass die Krankenkasse im Sinne des Sozialstaates alles richtig macht, wenn sie den Lebenspartner mit veranschlagt, leider ist der (Sozial)Staat aber nicht für UNS da! Und DAS ärgert mich!
Daher:
GLEICHES RECHT FÜR ALLE!
